20.01.2023
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Gewalt gegen Feuerwehrleute sind im Landkreis kein Problem!

Mehrere Presseanfragen zur Situation in der Region – Applaus anstatt Krawall

Traunstein. Schockierende Bilder aus mehreren deutschen Großstädten gingen gleich in den ersten Tagen des neuen Jahres durch nahezu alle Medien. Polizeibeamte, Kräfte von Feuerwehren und anderen Hilfsorganisationen wurden nicht nur in ihrer Arbeitet behindert, vielmehr mussten sie sich teilweise tätlichen Angriffen aussetzen. Daraufhin haben sich gleich mehrere Redaktionen unserer regionalen Medienpartner mit Anfragen an die Pressestelle des Kreisfeuerwehrverbandes Traunstein gewandt. Neben dem Traunsteiner Tagblatt interessierte sich beispielsweise Christina Eisenberger von OVB24 für die Situation bei den Feuerwehren im Landkreis Traunstein. Nun hat uns die Bitte erreicht, ob wir die Antworten nicht auch auf der Homepage des Verbandes veröffentlichen können.

OVB24: Nach den tätlichen Angriffen auf Rettungskräften - vor allem in Berlin - über den Jahreswechsel, wollen wir uns die Situation bei uns in der Region ansehen. Ich würde mich daher freuen, wenn Sie mir dazu die folgenden Fragen beantworten.
KFV: Die verstörenden und traumatisierenden Bilder in der Silvesternacht aus der Bundeshauptstadt schockieren natürlich auch uns in der Region und machen uns nachdenklich. Glücklicherweise haben die heimischen Feuerwehren nicht mal im Ansatz das erleben müssen, was den Kameraden in mehreren Städten Deutschlands widerfahren ist. Ganz im Gegenteil, wie wir erfahren haben, applaudierten mehrere Passanten, die auf der Straße ausgelassen das neue Jahr gefeiert haben, den ausrückenden Einsatzkräften beim Vorbeifahren zu.


OVB24: Wenn Sie auf das letzte Jahr zurückblicken - zu welchen problematischen Situationen mit Bürgern kam es bei Einsätzen der Feuerwehr? 
KFV: Wenn die Feuerwehr tätig werden muss, um Hab und Gut zu schützen oder Menschenleben zu retten lässt es sich oft nicht verhindern, dass es zu vorübergehenden Einschränkungen für andere kommt. Dies sind in der Regel Straßensperren bei Verkehrsunfällen oder Brandeinsätzen, damit die Rettungskräfte sicher arbeiten können. Von unseren Feuerwehren wird hier immer mal wieder berichtet, dass Verkehrsteilnehmer mit diesen einschränkenden Maßnahmen nicht einverstanden sind und mitunter lautstark ihren Unmut über die Maßnahme kundtun. Hier versuchen die Einsatzkräfte oft zu vermitteln und helfen sogar die beste Möglichkeit für Umleitungen zu finden. Es wird eben danach gestrebt, ein gutes Miteinander zu finden und sowohl die Interessen der Feuerwehr als auch die der Betroffenen bestmöglich zu berücksichtigen.


OVB24: Sticht dabei etwa ein Schema oder ein bestimmtes Verhalten - etwa blockierte Rettungsgassen, Falschparker, Beleidigungen, etc. - besonders heraus?
KFV: Es ist besonders erfreulich, dass sich insbesondere bei den Rettungsgassen eine Verbesserung abzeichnet. Durch die gute Aufklärungsarbeit aber auch durch die Unterstützung der Radiosender bei den Verkehrsdurchsagen, die bei Bedarf konkret auf die Bildung von Rettungsgassen hinweisen, treten hier tendenziell weniger Probleme auf. Das Problem mit Falschparkern taucht immer mal wieder auf. Dies sind aber Situationen, die eher auf Unachtsamkeit beruhen. Ab und zu ist schon mal ein Hydrant zugeparkt oder man bleibt in der Ausfahrt der Feuerwehr stehen, weil man schnell etwas erledigen muss. Es sind aber glücklicherweise keine Fälle bekannt, bei denen die Feuerwehr dadurch nicht ausrücken konnte oder ein Einsatz aus diesem Grund nicht erfolgreich verlaufen wäre. In den beengten Innenstädten kommt es schon vor, dass man beispielsweise für das Aufstellen der Drehleiter einen Plan B braucht, weil der geeignetste Platz nicht zur Verfügung steht. Die Führungskräfte und die Maschinisten der tonnenschweren Fahrzeuge haben aber in der Regel immer Ideen, wie man die Fahrzeuge positioniert und den Einsatzauftrag erfolgreich erledigt.


OVB24: Mit welchen Diskrepanzen mit den Bürgern sind denn die Einsatzkräfte am häufigsten konfrontiert?
KFV: Diskrepanzen im Sinne von massiven Vorwürfen, Streitigkeiten oder gar Gewalt kennen wir glücklicherweise bei den Feuerwehren im Landkreis Traunstein nicht. Natürlich wird dann schon mal im Dorf geschimpft, weil die Sirene bei Alarm so laut heult oder die Feuerwehr nachts mit Tatütata durch den Ort gefahren ist. Wie bereits oben geschildert, sind es häufig gerade die Feuerwehrler, die unmittelbar an Straßensperren eingesetzt sind und mitunter ein dickes Fell brauchen. Insgesamt herrscht aber in der Region ein gutes Miteinander, untermauert von gegenseitiger Wertschätzung. Hier kommt vielleicht auch die bayerische Grundeinstellung „Leben und leben lassen“ zum Tragen, mit der sich viele Chiemgauer noch heute identifizieren und die natürlich auch in den Feuerwehren tief verwurzelt ist.


OVB24: Haben Sie dabei eine Verlagerung oder Vermehrung der Probleme in den letzten Jahren beobachten können?
KFV: Der gesellschaftliche Wandel, der Stress im Alltag oder beruflicher Druck führt für gewöhnlich dazu, dass bei manchen Mitmenschen die Zündschnur etwas kürzer geworden ist und sie schneller gereizt oder wütend reagieren. Eine Vermehrung von Problemen ist derzeit aus unserer Sicht nicht erkennbar, im Gegenteil, bei der Bildung von Rettungsgassen ist sogar eher eine Verbesserung spürbar. Insgesamt bewegen sich die Probleme, wenn man überhaupt von Problemen sprechen kann, auf sehr niedrigem Niveau.


OVB24: Haben Sie ein konkretes Beispiel, bei dem ein Kollege / eine Kollegin bei einem Einsatz von jemandem beleidigt wurde?
KFV: (Hubert Hobmaier) Ja, ich selbst wurde auch schon beleidigt. Ich kann mich noch gut daran erinnern. Ich war als junger Feuerwehrmann mit einem erfahrenen Kameraden auf der Strecke zwischen Kammer und Traunstein zur Verkehrsabsicherung bei einem schweren Verkehrsunfall eingesetzt. Plötzlich hielt ein Auto an und der Fahrer hat sofort losgeschimpft, weil er die Umleitung nicht gefunden hat. „Ihr Affen, jetzt schaut mal, dass ihr fertig werdet und die Straße frei bekommt“, hatte der Fahrer aus dem Wagen gebrüllt. Mein Kamerad hat ihm dann nochmals den Weg erklärt, anschließend ist er mit Vollgas davongebraust. Mein Kamerad meinte dann zu mir, „das kannst du dir merken, es ist jedes Mal ein Blöder dabei und für heute haben wir ihn erledigt“. Dann mussten wir lachen und alles war vergessen.


OVB24: Oder tätlich angegriffen wurde?
KFV: Angriffe oder Übergriffe auf Feuerwehrkräfte aus der Region sind glücklicherweise bisher ausgeblieben. 


OVB24: Gibt es Fälle, die die Feuerwehr zur Anzeige gebracht hat?
KFV: Vereinzelt gibt es Fälle, die von einer Feuerwehr dann an die Polizei weitergegeben wurden. Vor einigen Jahren fuhr ein Quadfahrer einer Einsatzkraft aus Nußdorf bei einer Straßensperre über den Fuß. Glücklicherweise blieb Zwischenfall ohne größere Folgen. Dies wurde damals beispielsweise zur Anzeige gebracht.


OVB24: Ist Ihnen ein Fall besonders in Erinnerung geblieben?
KFV: Situationen wie die in Berlin kamen bei uns noch nicht vor. Wenngleich nicht jeder immer mit den Maßnahmen einverstanden ist, zeigen doch viele Menschen Verständnis und arrangieren mit der Situation. Die wenigen bekannten Fälle haben allesamt nicht die Bedeutung, dass man diese groß aufhängen müsste.


OVB24: Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass es zu Schwierigkeiten mit Einzelpersonen kommt?
KFV: Stress, Zeitdruck, Arbeitsbelastungen, Sorgen… all dies sind Themen, mit denen unsere Gesellschaft heute konfrontiert ist. Da kann es schon mal sein, dass einer Person im Eifer des Gefechts etwas Unschönes herausrutscht. In den meisten Fällen ist davon auszugehen, dass dies den entsprechenden Menschen im Nachgang leidtut. Eine grundsätzliche Gewaltbereitschaft gegenüber den Feuerwehrleuten kennen wir bei uns in der Region glücklicherweise nicht. 


OVB24: Sehen Sie dafür Lösungsansätze?
KFV: (Hubert Hobmaier) An dieser Stelle fällt mir eine Aussage von Otto von Bismarck ein der einmal meinte „Es ist ein Grundbedürfnis der Deutschen, beim Biere schlecht über die Regierung zu reden“. Dies trifft meines Erachtens gut auf die bayerische Lebenseinstellung zu. Etwas „Granteln“ und Kritik üben gehört eben dazu und ich denke das Halten auch die Feuerwehrkräfte gut aus. Es muss aber im Rahmen bleiben und darf die Persönlichkeitsrechte einer jeden Einsatzkraft nicht verletzten. Wünschenswert wäre bei bestehenden Problemen stets ein klärendes Gespräch, bei dem die unterschiedlichen Blickwinkel ausgetauscht und anschließend Lösungsansätze gesucht werden, mit dem Ziel, sich am Ende noch in die Augen schauen zu können.


OVB24: Was wünscht sich die Feuerwehr bei Einsätzen von den Bürgern?
KFV: Von der Einsatzkraft die bei einem Verkehrsunfall die Straße sperrt, bis hin zum Kreisbrandrat sind im Landkreis Traunstein alle kommunalen Feuerwehrfrauen und -Männer ehrenamtlich unterwegs. Das heißt, sie lassen zuhause oder in der Arbeit alles stehen und liegen, um Menschen oder Tieren in einer Notlage zu helfen oder Sachwerte zu schützen. Dies alles erfolgt aus der Überzeugung heraus, anderen uneigennützig, schnell, unkompliziert und professionell zu helfen. Aus diesem Blickwinkel wirkt es schon etwas verstörend, dass diese Menschen während ihres ehrenamtlichen Einsatzes beschimpft oder beleidigt werden. Daher wäre es wünschenswert, dass man bevor man seinen Ärger freien Lauf lässt erst einmal durchatmet, sich in die Situation des Gegenübers hineinversetzt und so Verständnis für die Maßnahmen der Feuerwehr aufbaut.

Text und Bild
Hubert Hobmaier, Peter Volk, Wolfgang Gasser
Kreisfeuerwehrverband Traunstein